Wir erwarten ein Au-pair

Einige Veränderungen in Ihrem Leben/Tagesablauf stehen bald an. Ein weiterer Mensch mit all seinen individuellen Wünschen, Ansprüchen, Vorstellungen, Bedürfnissen ergänzt Ihre Familie.

Einiges wird sich bald bei Ihnen ändern. Darauf sollten Sie vorbereitet sein. Es muß mehr Wäsche und Nahrung organisiert werden, die Reihenfolge im Bad ändert sich, Telefon, Fernseher und Kühlschrank werden anders genutzt, die Kinder bekommen eine neue Bezugsperson, Sie fühlen sich für einen weiteren Menschen verantwortlich....

Damit all diese Veränderungen zu Ihrem Vorteil geschehen, geben wir einige wichtige Hinweise. Sicherlich werden nicht alle Probleme erfasst. Wichtige Denkanstöße sollen aber gegeben werden. Bei weiteren Fragen können Sie auch gerne meine persönliche Erfahrung nutzen und mich jederzeit anrufen.

Der erste Monat ist der spannendste

aber auch zugleich der schwierigste

Dass es bald spannend wird, werden Sie bei sich und den Kindern, mit denen Sie vorab viel über ihre neue "Schwester" reden sollten, ganz von alleine feststellen. Herausforderungen können sich aus der oben schon angesprochenen Individualität des neuen Mitmenschen und der Neuorganisation in Ihrem Haus ergeben. Folgendes sollten Sie daher im ersten Monat bedenken und beherzigen:

Der erste Tag - Ankuft

Das Au-pair kommt nach einer langen Reise in eine völlig neue Umgebung, in der es nicht nur wegen der Sprache viel schlechter verstanden wird als zu Hause.

Behandeln Sie sie daher zunächst als Gast. Stellen Sie sich und Ihre Familie vor, zeigen Sie ihr das Haus, bieten ihr etwas zu essen und zu trinken an, geben ihr Zeit für einen kleinen Reisebericht. Machen Sie ihr eine kleine Aufmerksamkeit, z.B. ein Buch über Ihre Stadt. Lassen Sie sie zu Hause anrufen, um Bescheid zu sagen, dass alles geklappt hat und geben ihr vor allem auch Zeit, sich in ihrem Zimmer zu sammeln und zur Ruhe zu kommen.

Die erste Woche

Eine Freundin zu Besuch


Sie sollten möglichst viel gemeinsame Zeit mit Ihrem Au-pair verbringen. Einerseits muss ihr nämlich viel erklärt werden, andererseits soll ein Verhältnis von Vertrauen und Freundschaft aufgebaut werden, auf dem die ganze lange Zeit danach fußen wird. 


Zeigen Sie ihr den Umgang mit den Hausgerätschaften, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und gegebenenfalls mit dem Auto. Stellen Sie Ihr Au-pair in der Schule, im Kindergarten Ihrer Kinder, den Verwandten und Nachbarn vor, gehen Sie gemeinsam in den üblicherweise aufgesuchten Geschäften den täglichen Haushaltsbedarf einkaufen usw.

Der erste Monat

Der Gast wird zum Familienmitglied


Nach einer Eingewöhnungsphase wird aus dem Gast langsam ein Familienmitglied mit den festzulegenden Rechten und Pflichten. Der Alltag nimmt Oberhand für Sie und Ihr neues Familienmitglied.

Damit der Übergang möglichst reibungslos klappt, sollten sie einige wichtige Punkte beherzigen:

1. Setzen Sie nichts als selbstverständlich voraus

Bei der Handhabung von technischen Gerätschaften ist dies schnell klar. Was Ihre Erwartungen und Einstellungen betrifft werden viele - oft auch scheinbar unbedeutende Dinge - von Ihrem Au-pair nicht verstanden oder teilweise auch anders gesehen. Deshalb sollten Sie jede Kleinigkeit in einem Gespräch klären.
Zunächst ist es hilfreich, wenn Sie für den groben Rahmen einen Zeitplan erstellen. Jede Abweichung davon wird zeitig erklärt und besprochen.
Geben Sie stundenplanartig den Tagesablauf und die Aufgaben vor:



  • Zeit zum Aufstehen: Gasteltern & Au-pair

  • Kindergarten-/Schulbeginn

  • Kinderbetreuungszeiten

  • Zeit zum Aufräumen

  • Freizeiten des Au-pairs

  • Sprachschule

  • Ihre Termine/"Vereinstage".


Neben diesem Plan ist es auch wichtig, dem Au-pair genau zu erklären, was Sie erwarten.

2. Zu jeder Aufgabe gehört ein Ziel

Stecken Sie keine Ziele, können Sie nach der Aufgabenerledigung nicht gerecht prüfen, ob das Au-pair Ihren tatsächlichen Wünschen nachgekommen ist. Bei der Aufgabe "Aufräumen" beispielsweise meint das Au-pair möglicherweise wegstellen, saugen, wischen, Sie aber "nur" wegstellen, um anschließend Zeit mit den Kindern übrig zuhaben.


Sie werden dann bei der Beurteilung unzufrieden sein. Dies liegt aber unter Umständen an Ihren unkonkreten Vorgaben.

3. Legen Sie Spielregeln fest

In allen Belangen, in denen Sie bestimmte Verhaltensweisen erwarten, müssen Sie diese möglichst früh definieren. Läuft erst einmal etwas nicht, wie Sie sich das vorgestellt haben, ist es oft unangenehm, die Dinge wieder zurechtzubiegen. Sprechen Sie deshalb möglichst vorher über alles.


Dazu einige Themen:


Telefonieren, Fernsehen,Internet, Ernährung, Religion, Besuch, den das Au-pair bekommt, Ausgehzeiten: in der Woche, am Wochenende, Tabuzonen im Haus für das Au-pair oder die Kinder, Autobenutzung, Auszahlung des Taschengelds, Vergütung von Mehrstunden/für Sonderaufgaben, Urlaubsregelung, Ordnung im Haus, Rauchen, Medikamente, was tun in Notfällen, wichtige Adressen - Telefonnummern...


Handhaben Sie die Spielregeln aber gerecht und transparent für Ihr Au-pair.


Für Veränderungen sollten Sie offen sein und diese besprechen. So könnten Sie beispielsweise zuerst den Besuch von Fremden ablehnen, später aber wenn sich eine feste Freundin in der Nachbarschaft findet, jene zu bestimmten Zeiten ins Haus einladen.


Das Verhältnis von "Kinder- und Haushaltsprogramm" muss ebenfalls gelegentlich flexibel gehandhabt werden. Dabei müssen Sie die Prioritäten setzen: Soll das Au-pair lieber das unter Umständen lange Monopoli-Spiel mit den Kindern zu Ende spielen oder steht der Haushalt im Vordergrund. Mal trifft das Erste zu, wenn Besuch erwartet wird vielleicht das Zweite. Sagen Sie immer vorher, was Sie erwarten, geben Sie Anleitung, dann brauchen Sie nachher kaum Kritik üben, sondern können, was sehr wichtig ist, zur Motivation öfter loben.

Rücksicht auf Verständigungsprobleme

Vor allem am Anfang besteht die Gefahr, dass das Au-pair aus Höflichkeit immer erklärt, dass sie alles verstanden hat. Teilweise haben die Mädchen gelernt, nie nachzufragen, geschweige denn zu hinterfragen. Dazu sollten Sie ihre neue "Tochter" aber unbedingt auffordern, um Missverständnisse zu vermeiden.  

Trotzdem werden Sie vielleicht nach einem Monat feststellen, dass das Au-pair Dinge erfragt, die Sie anfangs längst erklärt hatten. Seien Sie dann verständnisvoll und erklären alles noch einmal. Sind Sie zu kritisch; verschließt sich das Au-pair beim nächsten Mal, aus Angst zu fragen.

Kritik

Richtig Kritik üben
Ihr Au-pair wird genau wie Ihre Kinder oder Ihr Partner nicht wie ein Roboter funktionieren und schon gar nicht von alleine alles richtig machen. Zu bestimmten Anlässen werden Sie Kritik üben müssen. Diese sollte immer "Ich-Botschaften" enthalten.


Äußern Sie Kritik konkret und nicht allgemein
Nicht "Immer, wenn ich nach Hause komme, schauen die Kinder fern" sondern "gestern und heute haben die Kinder nachmittags ferngesehen. Ich möchte aber nicht, dass sie es jeden Tag tun. Außerdem ist eine Stunde am Tag genug".


Üben Sie Kritik beschreibend und nicht wertend
Nicht "Du bist langweilig, weil Du nie etwas zum Gespräch beiträgst" sondern: "Du bist heute so still. Ich würde gerne wissen, wie es Dir heute geht"


Sprechen Sie von sich selbst und nicht von anderen
Nicht "Du lässt immer alle Gartenarbeit an mir hängen" sondern: "Ich bin sauer, weil ich das Gefühl habe, dass ich das ganze Unkraut alleine jäten muss. Das will ich nicht."

Wünsche

Auch Wünsche sollen in einer bestimmten Art vorgetragen werden, die direkt, sachlich und positiv ist.


Nicht: "Du sollst Dich mehr um den Haushalt kümmern."
Sondern: " Ich möchte, dass Du 3 mal in der Woche abwäschst"


Nicht: "Du sollst nicht so einen Krach machen, wenn Du nach Hause kommst"
Sondern: "Ich möchte, dass Du die Haustüre leise schließt, wenn du nach Hause kommst"


Nicht: "Dir ist es ja egal, wenn sich das Kind erkältet... "
Sondern: "Ich glaube, das Kind ist nicht warm genug angezogen. Ich möchte, dass Du ihm einen Pullover überziehst".

Kulturstress / Heimweh

Ein Problem, das fast immer auftritt — nicht nur bei Au-pairs, sondern bei allen Menschen in der Fremde, so dass eigentlich jeder dafür Verständnis haben sollte. Bedenken Sie, Schuld daran sind nicht Sie, sondern von Ihnen nicht beeinflussbare äußere Umstände. Sie sollten deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Das Ende durch Kulturschock hervorgerufener kritischer Phasen können Sie auch kaum beeinflussen. Telefonate und Skype-Gespräche nach Hause helfen dem Au-pair kaum, sie verzögern eher den Anpassungsprozess.


Was können Sie tun?


Versuchen Sie verständnisvoll darüber zu reden. Sagen Sie dem Au-pair, dass andere diesen Stress ebenfalls haben und fast jede ihn nach einiger Zeit erfolgreich überwindet. Motivieren Sie das Au-pair zu neuen Aktivitäten, ohne jedoch 1.000 Ideen anzuzetteln. Kulturstress ist nicht unbedingt einmalig. Er kommt, geht und kommt eventuell auch wieder. Seien Sie verständnisvoll. Gewähren Sie dem Au-pair gegebenenfalls "Auszeiten" von all den neuen Aufgaben und Eindrücken, damit es Zeit bekommt, sich zu sammeln und sich zu entspannen.